Königin Dorothea von Dänemark und Norwegen an Jakob Andreae

Dorothea von Dänemark und Norwegen an Andreae

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| 156r | Dorotheaa, Von Gots gnaden Konigin zw Dennmarcken, Norwegen, der Wenden vnnd Gotten, widtwe.1

Vnnsern gnedigsten Gruß zuuorn, Erwürdiger vnnd Hohgelerter, besonnder, geliebter. Wir haben Euwer Schreiben2 Wolffenbittell, den 8ten dises Laufenden Monats, darinen jr Vnns euwern glücklichen zu Stande, auch wie es euch in ewerm Christlichen Vorhaben3 vnnd zu Prag4 vnnd annderstwa etc. ergangen, vermeldett, zu vnsern handen enpfangen Vnnd alles jnhalts vermerckt. Vnnd ist vnns in Vortheil zu gnedgsten gefallen geschehen, das ir vnns mitt ewerm schreiben besucht vnnd die gelegenheitt5 ausfürlich zuurkhundtt geben, vnnd ist kein zweiffell, der liebe gott würt euch wider aller beser6 leütt ausschreien vnnd also seins wahres word vol erhalten vnnd Minschliche Vernunfft zu schanden machen. Wir haltens mitt dem einfeltigen kinderglauben, dabey gedencken wir mitt gots hilff, neben euch zu Sterben vnnd zu bleiben. Waß den Superintindenten zu Schleuwigk7 betrifft, den jr gern vf den gesprech zu Zerpst8 halten wolten, werden sich vnnsere freindtliche geliebte briedern, dieb herzogen zu Holstein9, weyll jr an sie geschriben, Onhnzweiffelllich zuerzeigen wißen.

Ferner mogen wir euch, Vnnserm lieben besonndern, nitt bergenn, das auff vnnsere euch gegebene anzeig betrefennde vnnsern freindtlichen lieben Sohn, herzog Mangnußen10, Bischoffen jn Lifflandt, Souil eruolgt, das Sr. l. gesandten jezunder bey vnns Sein, die berichten, das sie in neuwlicheit11 in der Muscawc geweßen von wegen vnsers sohns, herzog Mangnus, ehrlich enpfangen, Tracktiertt vnd vilen betriepten leitten den abschid12 bekomen, So ver vnnser Son selbst in Leiffland ann komen wurde, wolte der grossfürst13 vnnserm sohn gantz allderselbigen theill | 156v | jn Lüfflandt einnemen, darauff vnnser geliebter sohn mitt des Moscowitter Stattlichem Glaidt in die Muscaw gezogen, dem handel ein End zu machen.14 Vnnd zweiffelln nicht, weil dise ding von gott, dem allmechtigen, wider aller menschen gedancken getriben vnnd gefidertt werden vnd des ortts eind Kristlichen Kirchen bauwen wil, diee gottliche allmechtigkaitt werde es alles gnedigs aussfieren, vnd mochten dise zeitung bey diser gelegenhaitt an euch zu Schreiben gnedgster mainung nitt bergen; vnnd haben gar kainen zweiffel, wan nun vnnser geliebtter son jn der selben Stand vnd sitz komen vnnd fur euch durch vnser schreiben ersuchen werden, jr werdett zu Kristlicher anstelung vnnd reuermatzion15 der Kirchen derf selben ortt etc. euch euwer zu sag nach aigner person gebrauchen lassen vnnd ein jar ein moscowitter mit sein16 Vnnd die wurtzel abschneiden vnnd das gras washen laßen etc., Wie ir alhier17 pflegten zu sagen, daran Erzeigen jr dem allmechtigen den hesten gefalen. Vnnd wir zweifflen, wie gemelt, an euwer Erzeigung nich, welche wir mitt allen gnaden wollen Belegen. Datum Kolingen18, den 18. aperilis Ano etc. 70.

Dorotheag.

| 157r | Cetula.

Auch Besonder, lieber, Jnsonderheith magen Wir euch nitt bergen, das vnnser geliebtter sonn, herzog Mangnus, sampt der selben vnnderthonnen land vnnd Stett bey freien gewisen vnnd augspurgischen Apostolischen Religion gelasen wier, vnd das sich der grosfürst noch mer erbotten, Nemlich in der Muscaw vnnd in Reißland var19 die Christen etlichen Kirchen bawen zu lasen; vnd es hatt sich der grosfürst zum hohsten beschwörtt, das man in den Türcken vergleiche, weil20 er glaubtt, das Christus vor jn gestorben, auch die Sacramentt jn baider gestalt nemme; er hatt auch in Seinem Kayserthumb Vil kloster dem Erdrich gleich gemachti vnnd verbrentt. Vnnd gedenckt die selbige, die gottlos hauß halten, nitt zu leiden, welchs vnns die grose frede ist, dan wan vnnser Sohn gantz auss landen komen Vnnd gar uerlegnen solt, Wolten wir lieber, das er nie geboren worden wer. Es last sich ansehen, weil wir andere, die wir vns Christen nennenj, gotts wortt mude sein, das vnnser hergott deselbige anndern geben werdenk.

Dorothea.

(Adressierung:) | 156v | Dem Erwirdtigen Vnnd Hohgelertenl, Vnnserm Lieben besonndern Heren Jacobus Andere, der heiligen schrifft doctor, bropst vnnd Cantzler der vnniuersittett zu Tibingen etc.

(Zeitgenössische Notiz:) | 158v | Copey der Konigin jn Denmarck etc. wittib schreibens an D. Jacoben Andreae.


a konj. für: Dorotheo.
b konj. für: dis.
c konj. für: Munsaw.
d konj. für: in.
e konj. für: So.
f konj. für: dör.
g konj. für: Dorothäa.
h konj. für: Jnsonderheil.
i Dittographie: gemacht gemacht.
j konj. für: nemen.
k konj. für: wenden.
l konj. für: Hohgolerten.

1Dorothea von Sachsen-Lauenburg (1511–1571) heiratete 1525 den späteren König Christian III. von Dänemark und Norwegen (1503–1559). Vgl. DBL 4, S. 19f. (F. P. Jensen/J. Skovgaard); Jensen, Dorothea.
2Dieser Brief konnte nicht nachgewiesen werden.
3sc. Andreaes Konkordienbemühungen.
4Andreae war im März mit Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel nach Prag gereist. In einem Brief vom 31. März 1570 an Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel (s. Brief-ID 80101), berichtet Andreae, dass er in Berlin den brandenburgischen Kurfürsten und den Markgrafen von Brandenburg getroffen, in Prag auf Juliusʼ Wunsch gepredigt und zudem eine Audienz bei Kaiser Maximilian II. erhalten habe, dem er von seinen Konkordienbemühungen berichtete.
5Lage der Dinge, Situation. FWB 6, Sp. 724–726.
6sc. böser.
7Paul von Eitzen (1521–1598), Generalsuperintendent von Schleswig, nahm im Namen der Herzöge von Schleswig-Holstein tatsächlich am Zerbster Konvent teil. Vgl. Mager, Konkordienformel, S. 110.
8Der Zerbster Konvent fand vom 7. bis 10. Mai 1570 statt. Im Zuge seiner Konkordienbemühungen der Jahre 1568–1570 versuchte Andreae dort vergeblich, die innerlutherischen Konflikte zu überwinden und gemeinsame Bekenntnisgrundlagen zu bestimmen. Vgl. Mager, Konkordienformel, S. 102–125; Hund, Das Wort ward Fleisch, S 139–143. Vgl. auch Brief-ID 31734, 1.
9Gemeint sind Herzog Adolf I. von Schleswig-Holstein-Gottorf (1526–1586), Herzog Johann d. Ä. von Schleswig-Holstein-Hadersleben (1521–1580) und Herzog Johann d. J. von Schleswig-Holstein-Sonderburg, der Sohn Dorotheas (1545–1622). Vgl. Rasmussen, Die Fürsten des Landes; Bantelmann/Kuschert u. a., Geschichte, S. 105–119; EKO 23, S. 528.
10Magnus von Dänemark (1540–1583) war von 1570–1577 König von Livland.
11in neuwlicheit: vor kurzem, neulich. DWB 13, Sp. 675.
12Entscheidung, Beschluss, Bestimmung. FWB 1, Sp. 327f.
13Zar Iwan IV. Wassiljewitsch von Russland (1530–1584). Zu ihm vgl. etwa Kämpfer, Ivan (IV.) der Schreckliche und Neumann-Hoditz, Iwan der Schreckliche.
14In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde Livland zu einem Zankapfel zwischen den Großmächten Polen-Litauen, Russland, Dänemark und Schweden. Herzog Magnus erreichte 1569 das Angebot, ganz Livland als Vasall des Zaren und Großfürsten von Moskau, Iwans des Schrecklichen, zu regieren. Gesandte Magnusʼ erhielten im Frühjahr in Moskau die schriftliche Zusicherung, dass Magnus, wenn er sich in Moskau zur Huldigung einfinden würde, Livland als erbliches Lehen erhielte. Magnus, der in Moskau ehrenvoll empfangen wurde, wurde am 26. Juni 1570 zum König von Livland proklamiert. Das Land durfte bei seinem Glauben bleiben und seine rechtlichen und kulturellen Eigenheiten behalten. Zu den komplexen Vorgängen und Hintergründen des Livländischen Krieges und zur Rolle Herzog Magnusʼ vgl. überblicksartig und mit Blick auf ältere Forschung Renner, Herzog Magnus, S. 135–158.
15sc. Reformation.
16Am 29. September 1570 schreibt Andreae aus Kassel an Johannes Marbach in Straßburg (s. Brief-ID 19993), dass man ihn nach Livland gerufen habe, um dort die Kirche zu ordnen, und bietet Marbach an, ihn dorthin zu begleiten.
17Anfang November 1569 waren Andreae und der Wolfenbütteler Rat Heinrich von der Luhe (1535–1591) aus Hamburg aufgebrochen, am 21. November kamen sie in Lübeck an. Mitte November hatten sie Dorothea und ihren Sohn, Herzog Johann d. J. von Schleswig-Holstein-Sonderburg, im dänischen Kolding, dem Witwensitz der Königin, besucht. Wie aus dem Bericht an Herzog Julius von Braunschweig hervorgeht, wurden sie überaus wohlwollend empfangen (vgl. die beiden Briefe Andreaes und von der Luhes an Herzog Julius von Braunschweig vom 2. November aus Hamburg und vom 24. November aus Ratzeburg, Brief-ID 19686 und 31398). Am 13. November schrieb Andreae aus Kolding an den Kopenhagener Theologieprofessor Niels Hemmingsen (s. Brief-ID 19683). Zu Andreaes Aufenthalt in Kolding vgl. Lockhart, Frederik II, S. 159f. Zu Andreaes Konkordienreisen im Jahr 1569 vgl. Mager, Konkordienformel, S. 66–86, bes. S. 80f.
18Kolding. Das Königsschloss Koldinghus in der dänischen Hafenstadt, die im Osten Jütlands liegt, gehörte zu Dorotheas Leibgedinge.
19sc. für.
20da […] doch. Götze, Glossar, S. 225.
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