Jakob Andreae an Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel

Andreae an Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel

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| 59r | Durchleuchtiger, Hochgeborner fürst. Ewern fürstlichen gnaden seien die Gnad Gottes durch Christum sambt meinen vnderthenigen, altzeit willigenn diensten vnnd gebett zuuor.

Gnediger herr, Was der Durchleuchtigste, Hochgeborne Fürst vnd herr, herr Augustus, hertzog zu Sachssen, des heiligen Römischen Reichs Ertzmarschalk vnd Churfurst, Landtgraff Jn Doringen, Marggraff zu Meissen vnd Burggraff zu Magdeburg etc., Mein gnedigster herr, an E'uer' f'ürstliche' g'naden' betreffent den Zerpstischen abschiedt1 geschrieben2, hab Jch neben seiner Churf'ürstlichen' gnaden Theologen3 beigelegter Relation4 mit gebürender Reverentz Empfangen vnd mit allem vleiß durchleßen. Daraus Jch vernommen, welcher gestalt abermahls nicht allein Jch vor meine arme Person, Jnmaßen hiebeuor offt beschehen, sondern auch der Zerpstische abschiedt5 (dafür Gott, dem herrn, sei inn alle Ewigkeitt lob, ehr vnd danck gesagt, nicht allein E. f. g., Sondern auch die andern Nidersachssische Kirchenn6 zu guttem frieden Vnda lang gewunschter einigkeit gebracht) Seiner Churf. g. etwas beschwerlich eingebildet worden, welchs mich dann, in warheit zuschreiben, vber alle mir von den Flaccianern begegneten spott, hoin vnnd schmach7, so allein, wie Gott weiß, von seinen Churfurstlichen gnaden Theologen wegen Jch Jar vnd tag umb Christlichs friedens willen gelitten, Zum hohsten bekummert vnd betrubt hat, Sonderlich aber diese zeit, da Jch verhofft, durch Gotts gnad die sachen gleichwol mit grosser mühe vnd arbeit vnd durch E. f. g. nicht geringen aufgewendten costen zum erwunschten ende gebracht worden. Der vrsach dan mir sollichs Pillich zu hertzen gangen, als der Jch mit S. Churf. G. Theologen als ein bruder mit brudern alzeit umb zugehen begert vnd noch stettigs von hertzen wunsche vnd begere vnd warlich sollichs vmb sie nicht verschuldet vnd derwegen verhofft, man solle viel anders gegen mir gefaren sein.

Dieweil Jch aber in keinen Zweifel setze, da sein Churf. g. | 59v | des grundts eigentlichen berichtet, S. Churf. g. werden nicht allein mein Person verhoffentlichb gnedigst entschuldigt nehmen8, Sonder auch das gantze werck, daran nicht meiner Person, sondern allen Kirchen Augspurgischer Confession vnnd derselben zugethanen Churfursten, fürsten vnd Stenden zum hochsten gelegen, hinfüro, wie bishero, mit allen gnaden befordern, So hab Jch nit vnderlassen konnen, Seiner Churf. g. wie auch E. f. g. ein bestendigen, grundtlichen, warhaftigen bericht von ermeltem Zerpster abschiedtt zustellen9, Mit dem vnderthenigsten, vnderthenigen erpieten, da es sich anderst befynden würde, Wil Jch mich nicht allein gehorsam einstellen, wohin ich erfordertt, Sondern auch den Hencker mich meinem verdienst nach straffen lassenn.

Demnach, das S. Churf. g. von vielgedachtem Zerbstischen abschiedt schreiben, das derselbig, vnd was zu Zerpst durch die Theologen gehandelt ist, bis zu weiter berathschlagung Jn geheim gehalten vnd nicht Publicirt werden solltt, Jnmassen sich dann auch die Theologen selbst gegen einander an aidts statt verpflichtet, aus vrsachen, das solchs abschiedts halben zwischen Jnen selbst vngleiche meinungen vorgefallen vnd S. Churf. g. Theologen neben den Hessischen einen sonderlichen abschiedt begriffen10, vnnd mir allerley erjnnerunge gethon haben sollen, Welchem allem zuwider Jch den Jnhalt dieses Zerpstischen abschiedts in meinem gedruckten ausschreiben an die Kay'serliche' Majestät erzelet11, vnnd fast allen grundt der einigkeit nach der Augspurgischen Confession, anno etc. dreissig vbergebenn, auf die Schmalkaldische articul gesetzt12, darvon doch ausser der Flaccianer vorgebenn die Churfursten, fürsten vnnd Stende der Augspurgischen Confession bishero wenig gewust13, vnnd aller anderer des herrn Philippi | 60r | Melanthonis nutzlicher schrifften vnnd Corporis Doctrinae Seinen Churfurstlichen gnaden Landen, Kirchen vnnd Schulen14 darin so Plos gedencke, das (S. Churf. g. ermessens) die Flaccianer15 daraus zu noch merer Calumnien vrsach nemen werden etc.16

Darauf gebe E. f. g. Jch Jnliegenden bestendigen, warhafftigen vnd grundtlichen bericht:

Erstlichen, souiel den abschiedt belangt, als sich die zu Zerpst anwesenden Theologen im grundt der Leer Christlich, friedlich vnd eindrechtigk gegen einander ercleret, wie aber der abschiedt wider alle Calumnias zustellenn vnd in alleweg zum besten zuuerwahren, deßelben halben allerley bedencken vorgefallen, Jst entlich dahin einhellig beschlossen worden, das die Churf. Sachssische Theologen vnd dan auch Jch etwas begriffen vnnd des andern tags beide schriften ablesenn solten etc. Was sich dann der anwesenden Theologen als den Jn bewilligung des einen oder andern schriften vergleichen wurden, darbei solt es auch pleiben17.

Da nun des andern tags die Ern Theologen auf bestimpte zeit zusammen kommen vnd, als die Churfurstliche Sachssische Theologen etwas lenger verzogenn, ich meine gestelte schrifte zuleßen angefangen, aber nicht zuende gebracht, Jst ermelte schrifft zu Jrer ankunft auff aller Jrer begeren repetirt vnd von anfang gantz abgeleßenn worden. Als aber darauff die Churfurstliche Sachssische Theologen gleichergestalt befragt | 60v | vnnd gebetten worden, das sie auch Jre gestelte formb ableßenn wolten, damit nachmals berathschlagt vnd entlich auff einen gewissen abschiedt geschlossen werden mochte, haben sie durch Doctor Stößel18 vermelden lassen, sie hetten keinen abschiedt gestelt vnd liessen Jnen die durch mich abgelessene schrifft durchaus wolgefallen, Allein, das zu den Jn denselben gemelten schriften auch des Corporis Doctrinae gedacht würde, darauf sie sich im Churfurstentumb Sachssen zu erclerung Jres glaubens vnd Lehr Je vnd allewege gezogen hetten19.

Nach solchem seind die andern Theologen abgetretten vnd nach gehabter vnterredung dahin geschlossen, das den Churfurstlichen Theologen hierinnen derogestalt wilfaret, das nemblich nicht allein des Corporis Doctrinae, Sonder auch andere des herrn Philippi wie auch D'octoris' Brentii vnd derogleichen Theologen nutzlichen vnd heilsamen schriften gedacht werdenn solte20, dessen die Churfurstliche Sachssische Theologen Jnen auch gefallen vnd mit runden21 worten sich vernehmen lassen, das sie mit den Kirchen Jn Schwaben vnd Nidersachssen wolzufrieden vnd deroselben bekantnus in keinem articul gestrafft noch verworffen haben wolten.

Damit aber die einfeltigenn Christen nicht in das weite Mehr ermelter Lehrer vielfaltigen vnd vngleichen weitleufftigen schriften gewiesen, vber welcher eigentlichen verstandt sich albereits disputationes zugetragen, das sich die Flaccianer mutwillig vnnd durstiglich22 vnterstanden, Philippum Melanthon nicht allein wider D. Luther, sondern auch wider sich selbst anzuziehen, als der nicht zu aller zeitt bey der reinen Lehr Augspurgischer Confession | 61r | bestanden sein solte, wie dann im dem articul vom freien willen seine Loci communes23 gantz vnpillich von den Flaccianern gedadelt werden24, so ist lauter gemeldet, das die erclerunge der einigkeit in allen articulen der Augspurgischen Confession, was derselben eigentlichen vnnd warhafftigen verstandt belangtt, nach den schriften der Propheten, Apostel als der einigen regel vnnd richtschnur der gottlichen warheit Vnd den dreien Symbolis auf die Augspurgische Confession, Apologien, Schmalcaldischen Articuln vnd Catechismum Lutheri soll gestellet werden, das, wer eigentlichen wissen welle, was vnserer Kirchen einhellige Leer seye, nicht alle bucher Philippi vnd Lutheri vnd anderer vnserer Kirchen Lehrer durchlesen muste, sondern sich desselben aus den vier erzelten schriften der Augspurgischen Confession, Apologia, Schmalkaldischen Articuln vnd Catechismo Lutheri zuerholen25 hette, vnter welchen schriften die zwo, Nemblich die Confession vnnd Apologien Philippus Melanthon, die andern zwo aber, nemblich die Schmalcaldische Articul vnd Catechismum, D. Luther gestelt vnd in keinem articul wider einander, sondern durchaus ein ander gleich seindt, welchs Jnen gleicher gestalt die Churfurstlichen Sachssischen Theologen wolgefallen lassen, wie Ire Relation Clerlich ausweiset. Vnd zweifel gar nicht, das auch S. Churf. g. selbsten ein gnedigst gefallen ob sollicher vnser Schluß vnd abredt tragen, vnangesehen, das sich etlich mit vngrundt vnderstehen, mich bei Churf. g. in verdacht zubringen, als ob Jch vor mich selbst vnnd eigenes willens Brentij schrifften in den | 61v | abschiedt geflicket, deren hiebeuor nie gedacht worden, da alle Theologen das widerspiel26 zeugen werden, die bei dieser handlung gewesen, auf welcher einhellig erjnnern vnd bedencken solchs wolbedacht ist in den abschiedt gebracht worden. Also vnnd nicht anders ist es mit dem Zerpstischen abschiedt ergangen27.

Das aber numehr Churfurstliche Durchleuchtigkeit berichtet worden, das Jch das stuck von annehmung vnnd bewilligung des Corporis Doctrinae viel anders dictiret vnd in die fedder gebracht haben soll, dan es erstlich von mir in Jrer gegenwerttigkeit verlesen28, bezeuge Jch vor Gott vnnd wil es mit allen denen erweisen, so bei ableßung vnd umbschreiben29 des gestelten abschiedts gewesen, das mir solchs mit vngrundt zugemessen wirdt.

Dann mitt einhelligem rath der Theologen auf die vier ermelte schriften geschlossen, nach wilchem vnd denselben in keinem articul zuwider alle andere schrifften verstanden vnd anders nicht angenommen werdenn sollen etc., Wie dann solchsc der mundtlichen beschehenen abrede gemeß durch mich in den hievor verfasten abschiedt gebracht worden. Welche schriften auch im Churfurstenthumb Sachssen altzeit, als die haubtschriften, so die Lerer in Kirchen vnd Schulen alda angezogen zur erclerung Gottes wortts und zur bestendigen | 62r | bekentnis sind gehalten vnd dauon wegen niemals einiger streit, einrede oder disputation ist erreget, viel weniger eingefurt worden. Das aber Jn verstandt das geringste verendert oder etwas hinzugeflicket, das nicht in des Churfurstlichen Sachssischen Theologen beisein abgeredet, bewilliget vnd einhellig beschlossen wer worden, das wirdt mit warheit kein Theologus reden, so dieser handlung beigewonet, auf welche alzumahl Jch mich will beruffen haben.

Do auch die Theologen ein solch unredlich stuck von mir zu Wittenberg in ablesung des abschiedts vermerckt, wurden sie on zweifel mich sambt den andern Theologen damals darumb angeredt, die wir doch zwo nacht vnd anderthalben tagk daselbsten verharret, vnd darzu ein ernstliche handlung Jrer zu Wittemberg gehaltener disputation30 halben mit Jnen gehabt, sie vor grössern verdacht durch unser freundtlich vnd bruderlich erjnnern zubewahren31.

Das dann ferner gedacht wirdt, das in dieser schrifft (des abschiedts) sonderlich dahin gegangen worden, das vielgedacht Corpus Doctriane bei Jedermeniglich verdacht gemacht werde32, daran geschicht mir vnd den andern Theologen vor Gott vnd aller welt vnrecht.

Dann Jch mit Gott bezeugen kan, das mir solcher gedancke Jn mein hertz nicht kommen sey, der Jch Je vnd alle wege, wie auch noch, vielermelt Corpus Doctrinae | 62v | vor ein Christlich vnd den Kirchen vnd Schulen notig vnd nutzlich Buch gehalten vnd wider die Flaccianer vnpillich Calumnien so vielfaltig verteidigt habe, wie mir in Ober- vnd Nidersachssen freundt vndt feindt mussen Zeugnus geben, Jn welchem nichts, weder an wortten noch meinungen, vnrechts noch den vier ermeltten schrifften widerwertigs gefunden, sondern alles deutlich, klar, richtig vnd ordentlich gesetzt, dafur wir Gott billich danken. Man wolle dann ettlichen worten wider den willen des Authoris ein andern, vngereimbten, widersinnigen vnd Flaccianischen verstandt andichten, Jnmassen dan auch alle anwesende Theologen fein rundt vnd lauter bekennet haben, das also, was von etlichen anderst mit vngrundt berichtet vnd fürgeben worden, durchaus das widerspiel durch vns sambtlich gehandelt. Dann nachdem dies nutzlich zusamen getragen Buch der schrifften Philippi durch die Flaccianer bey vielen Jn verdacht gebracht, haben wir auf solchen wegk ermelten verdacht gentzlich abwenden wöllen, Jn dem nicht allein die Churfürstliche Sachssischend, sondern auch die andern Theologen sich rundt erclert, das ermelt Corpus Doctrinae sie wider die hiebevor gemelte vier schriften nicht wollen noch konnen verstanden haben.

So werden mir nicht allein alle damahls anwesende, sondern auch die Churfurstliche Sachssische Theologen zeugnus geben, das Jch am aller ersten den wegk zur Concordien vorgeschlagen (den Jme denn auch noch vor dem Zerpstischen abschiede Doctor Selnecker | 63r | gar wolgefallen lassen vnd denen von Wittenberg aus Churfürstliche Durchleuchtigkeit schriftlich berichtet hat), Nemblich, das man vielgedacht Corpus Doctrinae solt vornehmen. Vnd was an einem ort etwas dunckel sein möcht, das solt man aus einem andern ortt desselben Corporis ercleren vnd kein frembt wortt darzu brauchen, damit den Flaccianern das Maul gestopfft vnd wir bey diesem Corpore Doctrinae bleiben mochten. Aber dar seindt die Churfurstliche Sachssische Theologen die ersten gewesen, die Jnen solch bedencken nicht haben gefallen lassen. Sonst solte wol auf ermelt Corpus Doctrinae geschlossen sein worden, Nach welchem erst hernach der ander wegk ist vorgeschlagen worden. Darbei E. f. g. abzunehmen, wie vngutlich mir diesfals ein anders vnd widrigs zugemessenn wirdt.

Was dann ferner im Churfürstlichen Schreiben vermeldet, das wir vns an aidtsstadt gegen einander verpflichtet, den abschiedt vnd was zu Zerpst gehandlet nicht zu publiciren, aus vrsachen, das solchs abschiedts halben zwischen den Theologen selbst vngleiche meinunge vorgefallen vnd S. Churf. g. Theologen neben den Hessischen einen sonderlichen abschiedt begriefen vnd mir allerley erjnnerunge gethon haben sollen33, darauf gebe Jch diesen meinenn warhafftigen bericht, beruffe mich auch dessen auff die Hessischen selbst34 vnnd alle andere [zu] Zerbst gewesene Theologen.

Vnd anfenglichen, soviel die verpflichtung an aidtsstadt geschehen anlangt, hatt sich dieselbe auf negstuolgende zween Puncten erstreckt:

Erstlich, soviel den Consensum belangt, | 63v | das dieselbig, wie solcher gegen einander vermöge Gottes worttes, der dreien Symbolen, Augspurgischer Confession, Apologiae, Schmalcaldischen Articuln vnd Catechismi Lutheri ercleret, zu welchen buchern sie sich alle bekennet vnd derselben keines einiger anwesender Theologus in einichem Articul gestrafft noch als vnrichtig gedadelt, das solchs Jrer aller meinunge seye, vnd keiner der vrsach in den andern einich mißvertrawen setzen soll, das es nicht von Jnen subscribiret, aus vrsachen, das etliche einiger Subscription halben von Jren herrn keinen beuehlich hetten, desgleichen auch das diese schrift nit weiter dann an Jre Obrigkeit vnd mitverwandte Ministerium zu Pringen, haben sie solchs vor Gott bezeuget vnd einander darauf die handt geben35, wie dann solchs Jr, der Churf. Theologen, Relation mit runden, Claren, deutlichen wortten ausweiset, welchs der vrsachen allein geschehen, das solcher abschiedt den Flaccianern nicht in die handt kommen, die ohn zweiffel derselben Jrem gebrauch nach glosiret vnd alle wortt darjnnen calumnijrt hetten. Das man aber vonn desselben Jnhaltt nichts reden oder schreiben solte, das ist mit einigem wortt nicht gedacht, auch niemahls gemeint worden, Noch vielweniger mir verbotten, desselben Jn bericht von meiner reiße36 nicht meldung zuthun.

Demnach ist ohn allen grundt S. Churf. G. eingebildet, das die Publicirung vielgedachts abschiedts dero vrsachen eingestellet, dieweil zwischen den Theologen deshalben vngleiche meinung vorgefallen, | 64r | wie dann solchs auch aus der Churf. Theologen Relation lauter erscheinet, dann also lautten Jre eigene wortt Jn Jrer Relation: Damit es auch nicht Calumnien vnd andere nachreden bei den Flaccianern geben möchte, Jst Jederm theil Jnsonderheit beuohlen, dieße schrifft nicht weitter dann an Jre Obrigkeit vnd mitverwandt Ministerium zubringen, Mit angeheffter vermanung, Dieweil die Testificatio de consensu gescheen, das wir auch allerseits diesen abschiedt annehmen vnd zu fortsetzung dero uffgerichten einigkeit, demselben im werck nachsetzen wollten. Darauff ervolgt, das einer dem andern die handt gegeben vnd des Consens halben sich freundtlich erclert.

Demnach, ob wol etliche vngleiche meinung vorgefallenn zuuor vnd ehe der abschiedt mit solcher Testification bestettiget, so haben doch hernach sich die Theologen zu grundt auf solchen abschiedt verglichen, wie denn sie, die Churfurstlichen Sachssischen Theologen, gleichergestalt in deroselben Relation, Jnmassen aller erst Jre eigene wort gesetzt, selbst bekennen. Derhalben, was ferner Jm Churfurstlichen schreiben vermeldet, das der vrsachen halben vnd von wegen der vorgefallenen vngleichen meinungen S. Churf. g. vnd die Hessischen Theologen einen besondern abschiedt begriffenn vnd darauf mir allerley erjnnerung gethon haben sollen etc., hat es diese warhaftige gelegenheit: Nemblich, als Jch meine schriften abgelesen vnd die Theologen dieselbige Jnen gefallen lassen, haben die Churfurstliche Sachssischen Theologen wol ein schrifft herfür bracht vnd den anwesenden Theologen vorgelesen, Mit angehenckter bitt, wir wolten vnbeschwert sein, dieselbige zu vns zunehmen vnd vnsern | 64v | herrn vnnd Obern, auch der ortten Ministerio mitzutheilen37. Daraus zusehen, das sie Je vnd allewege bei der reinen Lehre der Augspurgischen Confession standthafft vnd bestendig geblieben.

Darauf wir geanttwortet, wir wolten Jnen Jn solchen vnnd noch mehrerm gern wilfahrn, wir trugen aber die vorsorge38, Es möcht ein ansehen haben, als hette man uff diesem Conventu zwen abschiedt gemacht, welchs ein gantz ergerlich ansehen haben würde. Als sie aber nicht einmahl, sondern viel vnnd offt mit runden worten bezeugen, Es hette die meinung gar nicht, Es were auch kein newer oder neben abschiedt, sondern anders nicht ein zeugnus, darmit wir sie bey andern Kirchen entschuldigen solten, das sie bestendig bei der reinen Lehr Je vnd alleweg gehalten hetten vnd noch, Haben die andern Theologen abermals sich miteinander vnderredet Vnnd nach gehabtem Rath einhellig dahin geschlossen, das zu vermeidung des verdachts, als solte man zwen abschiedt gemacht haben, man solche schrifft nicht annehmen solte, Mit angehengtem freundtlichen, bruderlichem erbieten, wir wolten ein weg als den andern sie gegen meniglich vermög Jrer Jetz gethanen bekantnus vnd erclerung entschuldigen.

Nachdem aber auf Jr beger die Hessischen Theologen Jnen dieselbige schrifft vnterschrieben, desgleichen auch Marggraff Hanßen zu Brandenburg etc. Hoffprediger gethan39, vnd solchs hernach der ander Margreuische Gesandte40 von seinem Collega, dem Hoffprediger, vns vermeldet vnnd gleichergestalt die vorsorge getragenn, Es mocht ein mißverstandt daraus erwachssenn oder etwas anders darunter gesucht werden, | 65r | haben wir die Churfurstliche Theologen gebetten, sie wolten, allen verdacht zuuerhutten, solche schrifft wider von sich geben, weil man doch den abschiedt selbst nicht subscribiret. Darauf sie viel vnd offt zum hochsten bezeuget, Es were kein anderer oder neben abschiedt, sondern nur allein ein Testification Jrer vnschult wider Jrer vheindt beschwerliche auflagen41 etc., Darumb wir gar nicht zubesorgen, das hieraus einiger mißuerstandt erwachssen möchte, als sollen zweene vngleiche oder widerwertige abschiede zu Zerbst gemacht sein.

Vnnd wie wol wir solchs noch zu Wittemberg durch die Hessischen selbst begeren lassen, Haben doch ermelte schrifft die Hessischen Theologen auf Jr vielfaltig anhalten nicht von Jnen bringen konnen42, wie sie dann auch Jrem herrn, Landtgrauen Wilhelmen, kein abschrifften bringen können. Vnnd ist also darbey geblieben, vnd leider daraus ervolgtt, was wir alle besorgt haben.

Also auch, so viel diese schrifft belangtt, haben nicht die Churfurstliche Theologen mir, sonder Jch, wie auch andere meine mitbruder, Jnen, den Churfurstlichen Sachssichen Theologen, allerley erjnnerunge gethon, der vrsachen der her Licentiat, der Marggrauische Gesandter, mit seinem Collega, dem Hoffprediger, vbel zufrieden gewesen, desgleichen auch die Hessischen gerewet, das sie Jnen vnterschrieben vnd vns etliche mahl bezeuget, sie hetten es einfeltiger meinung auf Jr beger43 vnnd allein zum Privat Zeugnus, das sie an dem Corpore Doctrinae keinen mangel hetten, vnterschrieben. Da sie aber sich dessen besorgt, das diese schrifft von Jemants vor ein besondern abschiedt gehalten werden möcht, wolten sies wol Jn allwege | 65v | vnterlassen haben, dessen Jch mich nochmals auf sie, die Hessischen, beruffe.

Daraus E. f. g. abzunehmen, das mich nicht vnbillich bekummert, da Jch vernommen, das Hochstgedachter Churfurst mit solchem vngleichen44 bericht eingenommen vnd beides wider dieses Loblich hochnotwendig werck, auch mein arm Person bewegt, der Jch es so aufrichtig, redtlich, treulich vnd bruderlich mit S. Churf. G. Theologen gemeint, Vnd da Jch mich in Obern- vnd Nidersachssen Jrer nicht so treulich angenommen, nicht einen menschen zuwider gehapt hette.

Die Schmalkaldischen Articul betreffendt Jst S. Churf. g. auch zuuiel berichtet, das Jch fast allen grundt der einigkeit nach der Augspurgischen Confession auf dieselben Articul setze, dan der abschiedt lauter meldet: die schrifften der Propheten vnd Apostel, die drei Symbola, die Apologiam, so ein ausfurlich, wolgegrundt buch ist vnnd verstendige verantwortung ermelter Confession, vnd Catechismum Lutheri45.

So seind die Schmalkaldischen Articul nicht ein solche schrifft, die Churfursten, fursten vnd Stenden Augspurgischer Confession vnbekant, wie S. Churf. G. eingebildet worden46, dann vnter allen schriften vnserer Confession keine in so ansehenlicher, stattlicher versamblung vnd berathschlagung der vornembsten vnd vortrefflichsten Theologen gestelt, als eben diese articul47. Vnnd dze aus bevehlich vnd geheiß der Churfursten, Fursten vnnd | 66r | Stende, auf dz sie eigentlich wissen mochten, was auf dem domals vorstehendem Concilio mit guttem gewissen wider das Bapstumb zustreitten oder vmb friedts willen nachzugeben48, wie solchs derselben vornemer Theologen Subscriptiones betzeugen.

Es soll aber Seiner Churf. g. nicht vnpillich ein nachdencken machen49, das auf dem Zerpstischen Conuentu der Schmalkaldischen Articuln halben die wenigste einrede von einander nicht eingefurt worden, Jetztaber sich etliche vernehmen lassen, als wann sie nicht in allen artickeln so richtig, auch niemahls wider die Papisten gestritten noch verfochtenn sein solten, so doch in denselben anderst nicht den in der Augspurgischen Confession, Apologia vndf Catechismo Lutheri begriffen.

Das dann entlich von dem Corpore Doctrinae vnd allen andern nutzlichen schriften des herrn Philippi Melanthonis vermeldtt, das derselben in ermeltem abschiedt so böes gedacht, das (Seiner Churf. g. ermessens) die Flaccianer daraus zu noch merern Calumnien vrsach nehmen werden etc.50, Hierauff werden E. f. g. nicht weniger als Jch grundtlich bezeugen konnen, was guts durch solchen wegk albereit Jn E. f. g. Kirchen vnd Lande vermittelst gottlicher gnaden wider die Flaccianer geschafft worden, der Jch wider der Flaccianer vorgeben | 66v | Jn diesen Nidersachsisschen Landen ermeldt Corpus Doctrinae verthedingt vnd in seinen wirden erhalten, das noch etlich Wittembergerg, sondern ruhm zumelden, wol nicht gethan oder ausgerichtet hetten, Jnmassen Doctor Selnecker vielmahl gestehen vnd mir warhafftig zeugnus gegeben vnd geben kan51.

Dann nachdem die Flaccianer etliche Puncten in gemeltem Corpore Doctrinae (wiewol vnpillich) angefochten, hat denselben anderst nicht dann durch solchen wegk bei Jrem anhang, der, wie E. f. g. wissen, in diessen landen nicht klein gewesen, Jr vorgeben gebrochen werden mögen, da dann vielermelts Corporis Doctrinae also gedacht, das auch die Flaccianer dasselbig mit einichen schein ferner nicht anfechten konnen, Dieweil was in demselben streittig gemacht, anderst nicht dan nach den vier ermelten schrifften, der Augspurgischen Confession, Apologia, Schmalkaldischen Articuln vnd Catechismo Lutheri, soll verstanden werden, Welche vier Bucher die Churfurstlichen Theologen so wol als wir andere zu Zerpst vor Christlich vnd recht erkennet haben.

Da aber demselben zuwider vielermelte articuln vor verdechtig vnd das Corpus Doctrinae denselben entgegen verstanden solt werden, Hatt der Churf. zu Sachssen zuerachten, was dahinder stecke, welchs, wie zubesorgen, von den Kirchen dieser vnd anderer Lande in die Lengtte schwerlich dissimulirt vnd vbertragen werden mochtt.

Weil Jch dann vor solchen Jamer gern geweßen wer, | 67r | vnd noch, wie Gott, der herr, weis, gegen Seiner Churf. g. Theologen bruderlich gesinnett bin, vnnd aber nichts Erhalten, sondern darzu Jn solchen beschwerlichen verdacht bei seiner Churf. g. gebracht werde, als ob Jch ein Ehrgeitziger Kopff, der nur auf des gemeinen Mans hochachten vnd beifal vnd nicht auf die grundtliche warheit sehen soltt52, So mues Jchs Gott, dem herrn, vnd der zeitt, die Seiner Churf. gnaden verhoffentlich die warheit vnd mein vnschultt offenbaren wirtt, beuelhen vnd seines vrtheils erwarten. Der wirt mir zeugnus geben, das Jchs aufrichtig, trew vnd redlich gemeint vnd gehandelet.

Jch hab mit den Flaccianer Jar vnd tagk vor die Wittenberger gekempfft, vnnd noch, Vnd die Kirchen durch Gottes gnad in diesen Landen wider Jr grewlich vnd ergerlich geschrey gestillet. Jetzt wirdt mir der Lohn gegeben, das Jch bei dem Churfursten eingetragen53 vnd nicht allein mein veranttwortung nicht angenommen, sondern vor einen Leichtfertigen man gehalten. Das ist der alte brauch dieser Weltt. Jedoch rewet mich mein angewenten arbeit nicht, das Jch numehr den Papisten vnd Flaccianer das Maul stopffen kan.

Was dann die Publication meines berichts anlangett, wissen E. f. g., das Jch dieselbige ohn seiner Churf. g. vorwissen vnd gnedigstem beger, rath vnd willen nicht vorgenommen54. Vnnd wie nott dieselbige in diesen Landen besonders gewesen, wissen E. f. g. am besten, da dan des Zerpstischen abschiedts hatt mussen gedacht werden, Sonst wer es gar ein | 67v | vnvolkommen vnnd verdechtigk werck bey Jederman geacht worden. Welchs dann auch dem Zerpstischen abschiedt nicht zuwider, der weitter nicht vermag, wie die Churfurstlichen Theologen Jn Jrer Relation selbst lautter betzeugen, dann das die schrifft, so daselbsten gestellet, niemandt dan vnsern hernh vnd Jedes orts Ministerio soltte mitgetheilt werden, aus vrsachen daselbsten vermeldet, welchs Jch auch trewlich gehalten. Aber das man von demselben Jnhalt weder reden noch schreiben soltte, dessen ist mit einem wortt nicht gedacht worden.

Das hab E. f. g. Jch zue vnderthenigem bericht nicht verhalten sollen, Vnnderthenig bittende, E. f. g. wöllen sich nicht reuwen lassen, was sie bis dahero zu beforderung dieses heilsamen wercks angewendet, Vnnd solchen meinen bericht hochstgedachtem Churfürsten zufertigen55, Dieweyl doch S. Churf. g. Jch vielmehr nicht wol mehr schreiben darff vnd andere mit mir schier in vngnade kommen, die mir nur Zeugnus der warheit geben, zu deren beweiß Jch mich vnderthenigst vnd vnderthenig erpotten haben wil, wohin Jch deshalben erfordert. Und da sichs anderst befinden würde, dann Jch hiemit bericht, So soll vnd will Jch meine verdiente straf drumb leiden.

Dero vnderthenigen hoffnung, Sein Churf. g. werde dieser meiner warhafften vnd nottwendigen entschuldigung gnedigst gehör vnd statt geben, auch mich Jederzeit, da Jch vber zuuersicht von Jemandts weitter bei Seiner Churf. gnaden zur vngebür Jngetragen werden wöllte, zu gnediger verhor | 68r | vnd verantworttung kommen lassen. Kan Jch darmit nicht bestehen, so wil vnd muß ichs ein Leider sein. Da aber Sein Churf. gnade mein vnschuldt vnd uffrichtigkeit befindet, wie, ob Gott will, Jederzeit bescheen soll, So wirdt auch S. Churfurstliche gnade meines vnderthenigen verhoffens vber mir mit gnaden halten.

Geschrieben zu Cassel, den 30. Septembris anno etc. 70.

E. F. G. vnderthäniger, allzeitt williger Jacobus Andreae D.

(Adressierung:) An herzog Julius zu Brunswich etc.


a danach gestr.: vnd.
b am Rand.
c danach gestr.: wie.
d danach gestr.: sondern auch die Churfürstlich.
e über der Zeile.
f danach gestr.: auch.
g am Rand.
h über der Zeile.

1Der Zerbster Konvent fand vom 7. bis 10. Mai 1570 statt. Gemäß der Absprache mit Kurfürst August hatten Herzog Julius von Braunschweig und Landgraf Wilhelm IV. von Hessen zu dem Konvent eingeladen. Herzog Julius hatte dabei in Zusammenarbeit mit Andreae die Einladungsschreiben entworfen und diese dann zur Mitunterzeichnung an den Landgrafen versandt. In einem Postscriptum hatte der Herzog um die Entsendung eines oder mehrerer von Andreae vorgeschlagenen Theologen gebeten. Abdruck der Einladung an den Rat der Stadt Lüneburg in: Bertram, Lüneburg 2, S. 106–108 (Beilage Nr. VI). An dem Konvent nahmen nur 21 Theologen teil. Eine Liste der Teilnehmer findet sich im Anhang zum Bericht der hessischen Gesandten vom Konvent in: Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 294f. Zum Verlauf des Konvents vgl. Heppe, Geschichte 2, S. 301–312; Mager, Konkordienformel, S. 103–118; Hund, Das Wort ward Fleisch, S. 139–143.
2Gemeint ist hier das Schreiben von Kurfürst August von Sachsen an Herzog Julius von Braunschweig vom 4. September 1570, abgedruckt in: Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 327–329.
3Am Zerbster Konvent hatten von kursächsischer Seite der Pirnaer Superintendent Johannes Stössel (s. Anm. 18), die beiden Wittenberger Professoren Kaspar Cruciger und Heinrich Möller sowie der Leipziger Professor Andreas Freyhub teilgenommen. Vgl. Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 294; Mager, Konkordienformel, S. 110.
4Mit Relation ist wohl der Bericht der kursächsischen Delegation vom 13. Mai 1570 gemeint. Dieser liegt in Dresden HSA, 10024 Geheimer Rat, Loc. 10302/18.
5Abschriften des Zerbster Abschieds finden sich in Dresden HSA, 10024 Geheimer Rat, Loc. 10302/18, fol. 220r–223r und Hannover NLA, Cal. Br. 21, Nr. 248, fol. 234r–237v. Abgedruckt ist der Abschied, welcher gestalt die versamleten Theologen zu Zerbst X. Maii Anno Ch. 70 der eingefallenen Zwiespalt in der Religion sich freundlich kegen einander erkleret und ad referendum christlich verglichen in: Bertram, Lüneburg 2, S. 110–115 (Beilage Nr. IIX).
6Neben dem Herzogtum Braunschweig waren von den andern Nidersachsische[n] Kirchenn je zwei Theologen der Städte Hamburg, Lübeck und Lüneburg sowie der Schleswiger Superintendent Paul von Eitzen für die Herzöge von Schleswig und Holstein in Zerbst anwesend. Vgl. Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 295; Mager, Konkordienformel, S. 110.
7Vgl. das Schreiben Kurfürst Augusts an Herzog Julius vom 4. September 1570: ob der Flacianer unchristlichem schenden, schmehen und Condemniren ein besonders mißfallen tragen, Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 328. Vgl. auch eine frühere Äußerung des Kurfürsten ebd., S. 318: Flacianer geschmeiß ausrotten, verfolgen und die Kirchen davon reynen. Andreae beschwert sich mehrfach über die Angriffe der Flacianer gegen ihn, s. z. B. das Schreiben an Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel vom 1. April 1570, ebd., S. 240–242. Vgl. dazu auch die von Andreae, Grundtlicher Bericht, 1570 (VD16 A 2641), Bl. I2v–I3r gesammelten 55 Schelt- vnnd Schmachwort, mit denen er belegt worden ist.
8in Schutz nehmen, vom Verdacht befreien.
9Auf Anraten von Herzog Julius sandte Andreae den verfassten Bericht nicht an Kurfürst August von Sachsen, s. Brief-ID 80116.
10Die beiden hessischen Theologen Johannes Pistorius und Bartholomäus Meier legten keinen eigenen abschiedt vor, wie es hier den Anschein hat, sondern hatten den Entwurf der kursächsischen Theologen (s. unten Anm. 37), auf deren Bitte hin, heimlich unterschrieben. Von dieser Aktion erfuhr Andreae einige Tage später bei seinem Aufenthalt in Wittenberg (s. unten Textstelle). Vgl. Mager, Konkordienformel, S. 115 mit Anm. 56.
11Andreae, Grundtlicher Bericht, 1570 (VD16 A 2641). Diese Schrift sollte dem Kaiser auf dem Speyerer Reichstag übergeben werden. Auf der Titelseite heißt es: zu Zerbst auff dem Synodo durch der Christlichen Churfuͤrsten, Fuͤrsten vnd Erbarer Stedt abgesandte vnd versamlete Theologen den 10. Maii gegeneinander erkleret. Der Bericht über den Konvent in Zerbst selbst nimmt aber nur wenige Blätter der Schrift ein: Bl. M3r–N1r.
12Vgl. ebd., Bl. M4v.
13Die Schmalkaldischen Artikel (BSELK, S. 718–785) waren von Martin Luther auf Bitten Kurfürst Johann Friedrichs I. von Sachsen Ende 1536 als Verhandlungsgrundlage für das Konzil von Mantua formuliert worden. Trotz Johann Friedrichs Drängen fanden die Artikel bei dem Treffen der Schmalkaldischen Bundesverwandten im Februar 1537 als verbindliche Bekenntnisgrundlage des Bundes neben der Confessio Augustana und der Wittenberger Konkordie keine Anerkennung. Dazu trug nicht zuletzt die Härte der Sakramentslehre bei. In der Folge spielten die Schmalkaldischen Artikel kaum mehr eine Rolle. Erst mit der Niederlage der protestantischen Seite im Schmalkaldischen Krieg und dem Interim änderte sich das. Vor allem für das ernestinische Sachsen wurden die Artikel als theologisches Testament Luthers zu einem Grundpfeiler der eigenen Lehre (Verpflichtung der Kirchendiener auf die Artikel), gerade auch in Abgrenzung zur Lehre des neuen Kurfürstentums Sachsen mit seiner Bevorzugung der melanchthonischen Theologie. Melanchthons kritische Haltung zu den Schmalkaldischen Artikeln wurde von den ernestinischen Theologen dabei als Ausdruck seiner Wankelmütigkeit und seines Verrats an der protestantischen Sache interpretiert. Nicht zuletzt wegen ihrer Instrumentalisierung durch die ernestinische Seite stand Kursachsen den Schmalkaldischen Artikeln ablehnend gegenüber. Vgl. Gehrt, Konfessionspolitik, S. 65–68.
14Gemeint ist das Corpus Doctrinae Philippicum bzw. Corpus Doctrinae Misnicum, das aus den Schriften Melanchthons entstand. Dieses enthielt neben den drei altkirchlichen Bekenntnissen die Confessio Augustana (mit dem deutschen Text der Ausgabe von 1533 und dem lateinischen von 1542), die Confessio Saxonica (1551), die Loci Theologici (1556), das Examen ordinandorum (1552), die Responsio ad articulos Bavaricae inquisitionis, die Refutatio Serveti und die Responsio de controversia Stancari (1553). Vgl. Melanchthons Werke 6; Hund, Das Wort ward Fleisch, S. 143; Peters, Reformatorische Doppelstrategie, S. 111.
15Mit Flacianer bezeichnet Kurfürst August hier die ernestinischen Theologen. Vgl. auch Äußerungen des Kurfürsten in anderen Schreiben aus dieser Zeit, etwa im Brief an Landgraf Wilhelm IV. vom 6. März 1570: S. L. [Johann Wilhelms] Flaccianische Rotte, vgl. Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 223.
16Der gesamte Abschnitt ist ein Zitat aus dem Brief Kurfürst Augusts an Herzog Julius vom 4. September 1570, bei Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 328f.
17Siehe den Bericht der hessischen Gesandten an Landgraf Wilhelm IV. von den Verhandlungen in Zerbst in Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 292: vnd von einem Abschiedt geredt, welchem zu machen den Churfurstlichen Sachsischen vnd D. Jacobo befolen wardt. Vgl. auch Mager, Konkordienformel, S. 112.
18Johannes Stössel (1524–1576) war 1567 ein Opfer des durch den neuen Herzog Johann Wilhelm vollzogenen Wechsels der ernestinischen Religionspolitik geworden. Auf Druck des Herzogs legte er am 6. November 1567 das Rektorat und die Professur an der Universität Jena sowie seine Ämter als Superintendent und Pfarrer nieder und verließ das Herzogtum. Aufnahme fand er in Kursachsen, wo ihn Kurfürst August zum Superintendenten von Pirna ernannte und zu seinem Beichtvater machte. Vgl. Gehrt, Konfessionspolitik, S. 302–317.
19Vgl. den Bericht der hessischen Gesandten in Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 292f.: Als nun des anderen tags D. Jacobus Andreae einen gemeinen abschidt verfasset vnd den anwesenden Theologen furgelesen, Ist solcher von allen approbiret vnd angenommen, Allein die Churfurstliche haben begehrt, das Corpus doctrinae Philippi mit einzuuerleiben.
20Ebd., S. 293: das Corpus doctrinae in massen der Abscheidt ausweisset hineinzusetzen bewilliget, Wie dan auch zu dem mal D. Joannis Brentii schrifften inseriret worden.
21klaren, deutlichen. DWB 14, Sp. 1502.
22vermessen. DWB 2, Sp. 1755.
23Melanchthon behandelt den freien Willen in der Ausgabe von 1559 im Abschnitt De humanis viribus seu de libero arbitrio, Melanchthons Werke 2/II, S. 263–280.
24Die Kritik an Melanchthon entzündete sich an dessen Lehre, wonach neben dem Wort Gottes und dem Heiligen Geist auch der menschliche Wille bei der Bekehrung eine Rolle spielt, indem er dem göttlichen Ruf zustimmt (voluntas hominis, quae voci divinae assentitur). Flacius Illyricus und Nikolaus Gallus sahen hierin eine Gefahr für die Rechtfertigungslehre Luthers. Ihrer Meinung nach gab Melanchthon damit die Rechtfertigung allein aus Gnaden auf und schrieb dem Menschen bei der Rechtfertigung einen eigenen Verdienst zu. Beide vertraten die Auffassung, dass der menschliche Wille nach dem biblischen Zeugnis bei der Rechtfertigung völlig passiv ist. Vgl. Dingel, Melanchthon – Freunde und Feinde, S. 775–804.
25Rat zu holen. DWB 3, Sp. 854.
26Gegenteil. DWB 29, Sp. 1234.
27Vgl. dazu den Zerbster Abschied in: Bertram, Lüneburg, S. 113.
28Zu diesem Vorwurf siehe die Stellungnahme der beiden theologischen Fakultäten in Wittenberg und Leipzig nach dem Zerbster Konvent in Dresden HSA, 10024 Geheimer Rat, Loc. 10329/2, fol. 179r. Vgl. Hund, Das Wort ward Fleisch, S. 145.
29Abschrift. DWB 23, Sp. 1113.
30Zur Wittenberger Promotionsdisputation vom 11. Mai 1570 vgl. Hund, Das Wort ward Fleisch, S. 147–162. Wegen der Disputation waren die kursächsischen Gesandten am 10. Mai 1570 überstürzt vom Konvent abgereist.
31Als am 10. Mai Gerüchte über die bei der Wittenberger Disputation vertretene Christologie nach Zerbst drangen, beauftragten die dort noch anwesenden Theologen Andreae und Paul von Eitzen damit, genauere Informationen in Wittenberg einzuholen. Andreae und Eitzen brachen daraufhin umgehend auf und trafen am 11. Mai in Wittenberg ein. Wegen der Promotionsfeier konnten die Gespräche über die Disputationsthesen aber erst am folgenden Tag stattfinden. Bei den Gesprächen mit Nikolaus Selnecker sowie dann mit Paul Crell und Johannes Bugenhagen d. J. betonten die Promovierten, dass durch die Disputation keine neue, der Auffassung Luthers wiedersprechende Lehre eingeführt worden sei. Vgl. Hund, Das Word ward Fleisch, S. 157–160.
32Vgl. das Schreiben Kurfürst Augusts an Herzog Julius vom 4. September 1570: vnd Corporis doctrinae […] Darjnne so bloß gedencket, das vnsers ermessens die Flaccianer daraus zu noch mehrerm Calumniren vrsache nehmen werden, abgedruckt in: Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 329.
33Andreae zitiert hier wiederum aus dem Schreiben Kurfürst Augusts an Herzog Julius vom 4. September, abgedruckt in: Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 328.
34Andreae bezieht sich hier wohl auf den Bericht der hessischen Gesandten an Landgraf Wilhelm IV. über den Zerbster Konvent, abgedruckt in: Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 287–295.
35Vgl. den Bericht der hessischen Gesandten, ebd., S. 293: Vnd hat man dahin sich erkleret, daß diese schrifft sollte einem Jeden vertrawlich zugestellet vndt biß zu endtschafft der sachen heimlich gehaltenn, Niemandts dann allein der ordentlichen obrigkheit der Anwesenden Theologen communiciret vnd mitgeteilet werden. Doch dieweil etzliche also abgefertiget, das sie on bewilligung der Ihren nichts zu vnderschreiben hetten, Sollte die Subscriptio verbleiben vnd allein mit dem Handgelöbnis der Consensus testificiret vnd ratificiret werden.
36Andreae, Grundtlicher Bericht, 1570 (VD16 A 2641).
37Vgl. dazu auch den Bericht der hessischen Gesandten, Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 293: Es hatten aber auch die Churfurstliche Sachsische eine kurtze Notul eines Abschieds begriffen, welche verlesen vnd, da sie mit der anderen vbereinstimmt, Aber doch vor keinen Abschiedt, sondern als ein Privat scriptum, so dem publico gleichformig zu haltenn, sey approbiret worden. Der Text des kursächsischen Abschieds ist enthalten in: Unschuldige Nachrichten 1704, S. 23–26.
38Sorge.
39Siehe die Unterschriftenliste zu dem sächsischen Entwurf in Unschuldige Nachrichten 1704, S. 25. Die Unterschriften der beiden hessischen Gesandten Pistorius und Meyer sowie des Hofpredigers des Markgrafen von Brandenburg-Küstrin, Otto Zander, folgen dort auf die Unterschriften der vier kursächsischen Teilnehmer. In ihrem Bericht an Landgraf Wilhelm (Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 287–295) erwähnen die hessischen Gesandten die Unterzeichnung nicht. Vgl. Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 295; Mager, Konkordienformel, S. 115.
40Johannes Teckler (1525–1580). Vgl. Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 295.
41Vorwürfe, Beschuldigungen. FWB 2, Sp. 516.
42Vgl. Mager, Konkordienformel, S. 115 mit Anm. 56.
43Gemeint ist: auf Wunsch der kursächsischen Gesandten.
44Parteiischen, unredlichen, unbegründeten. DWB 24, Sp. 973.
45Der Zerbster Abschied, in: Bertram, Lüneburg, S. 113.
46Vgl. oben Textstelle.
47Im Anschluss an die ergebnislosen Verhandlungen der Schmalkaldischen Bundesverwandten in Schmalkalden im Februar 1537 (s. oben Anm. 13) traten auf Drängen von Johannes Bugenhagen die dort versammelten Theologen nochmals zusammen und unterzeichneten die Schmalkaldischen Artikel, jedoch nicht als offizielle Bekenntnisurkunde, sondern als Ausdruck ihrer persönlichen Überzeugung. Einige Theologen lehnten die Unterschrift jedoch ab (so z. B. Bucer, Fagius und Blarer). Vgl. die Einleitung zu den Schmalkaldischen Artikeln in BSLK, S. XXV sowie die Unterschriftenliste in BSELK, S. 780–785 sowie QuM 1, S. 802–809.
48Vgl. die Vorrede Luthers zu den Schmalkaldischen Artikeln (BSELK, S. 718): was und wie fern wir wolten oder kundten den Papisten weichen und auff welchen wir gedechten, endlich zu beharren und zu bleiben.
49Vermutung anstellen. DWB 13, Sp. 37.
50Zitat aus dem Schreiben Kurfürst Augusts an Herzog Julius vom 4. September 1570, vgl. Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 329.
51Vgl. Andreaes Brief an Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel vom gleichen Tag (30. September): So werden beyde, D. Selneccer vnd D. Kemnitius, mir Zeugniß geben, Als wir zu Hildeßheim gewesen vnd ich vor den Verordneten des Raths der Flaccianer vngegrundt geschrey vnd Lesterungen widersprochen. Dort ist aber nicht die Rede von der Verteidigung des Corpus Doctrinae Philippicum.
52Andreae zitiert hier aus dem Schreiben Kurfürst Augusts an Herzog Julius vom 4. September 1570, vgl. Neudecker, Neue Beiträge, S. 329.
53Verunglimpft, verleumdet. FWB 5, Sp. 2490.
54Herzog Julius hatte in einem Brief an Landgraf Wilhelm IV. vom 30. Mai 1570 die Frage aufgeworfen, ob D. Jacobus Andreä die Relation dieses gantzen Handels, wie sie dan gestellet, Jn Druck Aussgehen lassen sollt, Neudecker, Neue Beiträge 2, S. 309. Aus der Zeit nach dem Druck von Andreaes Grundtlichem Bericht, 1570, ist der Entwurf eines Briefes von Julius erhalten, mit welchem die Schrift dem Kaiser beim Reichstag in Speyer übergeben werden sollte (Hannover NLA, Cal. Br. 21, Nr. 333, fol. 69). Vgl. Mager, Konkordienformel, S. 121.
55Nach dem Schreiben Andreaes an Herzog Julius vom 17. Dezember 1570 (s. Brief-ID 80116) kam es dazu nicht. Vgl. auch Mager, Konkordienformel, S. 122.
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