| 116r | Durchleuchtiger Hochgeborner Fürst vnnd herr, E'uern' F'ürstlichen' G'naden' seyen mein vnderthenig verpflicht gehorsam diennst allzeitt zuuor. Gnediger Herr, Vff e. f. g. gnedigen beuelch, die jrthumben zuuerzaichnen, was an den Sächsischen Theologen zustraffen1, so zum theils mehr ex affectu dann rei veritate jre mittbrüeder eintweder verdammen oder zum wenigstens hessig anziehen, hab ich die strittige büechlin, so sie wider ein ander lassen außgehn, mitt vleiß durchsehen vnnd auß den selbigen (ohn einichen affect, wie Gott waist) ettliche puncten verzeichnett, nicht der meinung, darmitt größere vneinigkaitt anzůrichten oder jemandt wider den andern zůuerhetzen, Dann wür der Laidigen zwispalt nun mehr dann zuuil haben vnnd demnach meniglich mehr, was zum friden der kürchen dienstlich, sůchen dann vneinigkaitt zůerwegen lust haben solle), Sonder allain darumb, das ich e f. g. schuldigen gehorsam laistete, die sollichs one zweifel Christenlicher meinung vnnd allein vmb fridens wüllen erfordert, so man sehe, das zu baiden theilen gesündigt, die noch ettwas hitzig vnd hefftig seyen, auch zur lieb deß fridens vnd einigkaitt jn der kürchen zu erhalten bewegt würden.
Wüll auch hiemitt e. f. g. in aller vnder- | 116v | thenigkaitta gebetten haben, die wellen sollichs nicht anderer meinungb von mir annemen.
So vil die Sächsischen weinmarischen Theologen belangt, haben die selbigen noch der zeitt nicht vil in truck gegeben, das mir ist zusehen worden. In der Protestation aber, so sie teutsch jn jüngst gehaltnem Colloquio zu Wormbs2 bey der Augspurgischen Confessions verwandten politicis vnnd Theologen hinderlegen wolten3, seind zwayerlay errores: ettliche de personis, ettlich de rebus.
So vil die personas belangt, werden jn der selben fürnemlich zwo angegriffen, nämlich Andreas Osiander4 vnd Georgius Maior5 D.6, wellche baid sie außriefen7, das der einc vnrecht vnnd Gotteslesterlich von der Rechtfertigung deß Armen Sünders rede, der ander aber die leer von den gůten wercken nicht allein gefärlich, sonder auch ergerlich darthüe.
An Osiander straffen sie dise zway stuck, Erstlich dise negativam propositionem, die vergebung der Sünden sey nicht die Rechtfertigung deß Sünders; Die Ander, das er setze, imputativa iusticia sey kelter dann ein Eys.9
Die erst proposition versthen sie eintweder nicht oder wellens nicht verstehn. Dann Osiander das wort Rechtfertigen
anderst gebraucht hatt dann sie, vnd haisset jme den menschen mitt der that gerecht machen, die | 117r | Sünd außfegen10 vnnd den alten menschen tödten11, jnen aber, den weinmarischen Theologen, heisset das wortt Rechtfertigen
die Sünde nicht zurechnen, die sünd bedecken, verzeihen.
Wie es nun zway vnnderschidliche ding sein: die Sünd bedecken vnnd die Sünd außfegen, Item für gerecht halten vnnd gerecht machen, Allso seind sie auch nicht wider ein ander, sonder mögen, ia sollen vnnd müessen bey vnd neben ein ander stehn, dann es fleusset eins auß dem andern.
Wann nun Osiander schreibtt, die vergebung der sünden sey nicht die Rechtfertigung deß
Sünders12, braucht er das wort Rechtfertigung
vff seinen verstand, vnnd ist souil gesagt, die werck Christi oder der gehorsam
Christi, vmb wellichen wüllen wür durch den glauben vergebung der sünden haben, fegen die sünd nicht in vns
außd, das wür auch mitt der that gerecht werden, sonder das ist sein ambt, das er bey vns soll außrichten, wann er vnnß zugerechnet wurdt durch den glauben, so haben wür vmb deß selben wüllen vergebung der sünden vnd sein Gott widerumb angenem vnnd wolgefellig.
Wer ists dann, der vns mitt der that gerecht macht? Es ist der Geist Christi. Wer ist der Geist Christi? Es ist die Ewig Göttlich natur vnd wesen selbst, Ein Gott mitt dem vatter vnd dem | 117v | Son, Darauf schleusset Osiander, Das Es die Gottlich natur thue oder, wie S. Paulus redet, Gott ists, der jn vnns würckett.13
So lehren vnnd bekennen die Jenischen Theologen auch also: das wir vergebung der Sünden haben, Gott gefellig vnd angenem seyen allem vmb deß gehorsams Christi wüllen, vnnd das Nachtmale vnnd alsbald der H. Geist anfahe, auch die sünd mitt der thatt zutödten vnd außzůfegen, die vns vmb deß mittlers wüllen nicht werden zugerechnett.
Was nun Osiander nennet die Göttlich natur, das nennen die Jenischen vnd alle deß Osiandri widersacher den
heiligen geist, und das Osiander heisset Rechtfertigen
, Das nennen sie ein geschenck deß h. Geists, die sünd außfegen.
Dieweil sie dann so hefftig wider Osiandrum seyendt vnnd dise proposition nicht wellen verstehn, wie sie Osiander außleget, sonder vff einen andern verstand ziehen, ist clar, das sie der person jn dem fahl vnrecht thond vnnd jme zulegen, als ob er gelerett hette, der mensch würde nicht gerechtfertigt, das ist, er hette nicht vergebung der Sünden vmb deß gehorsams Christi wüllen, sonder von wegen der Einwonenden wesentlichen gerechtigkaitt, welliche dem Osiandro vnbillich zůgelegt würdt; dann das widerspil zeigen seine büecher an. | 118r | Die ander propositio: Osiander sage, Imputativa iusticia sey kelter dann ein Eys, ist ein Calumnia. Dann Osiander hatt also gesetzt: Es lehren die jenigen kelter dann Eyse, welche da lehren, das wür allein vmb der vergebung der sünden
wüllen für gerecht geachtet werden vnd nicht auch von wegen der gerechtigkaitt Christi, der durch den
glauben in vns wonet
14.
Vnnd ist diß sein meinung, wehr also lehret, das der mensch in diser welltt allein vmbf der vergebung der sünden wüllen gerecht gehalten werde vnnd nicht auch anfahe in diser weltt mitt der that gerecht werden: dise lehr sey kelter dann Eys. Vnnd das ist auch war, wellchs wür vff ein ander weis pflegen zureden, wann man lehret, der mensch werde also durch den glauben gerechtfertigt, das khein gut werck auß dem glauben fliesse, dise lehr ist nicht allein kelter dann Eys, sonder jrrig, verfüerig vnd sträflich.
Dieweil dann Osiander nichtg simpliciter sagt, imputativa iusticia est glacie
frigidior, sonder setzt hin zu: Wann die ander nicht hernach volge, mitt welcher wür anfahen jn der that
gerecht zu werden, so khan meniglich sehen, das ime seine wort seind verkeret vnd gestümmeltt worden, das bey
den Christen nicht sein solt, vnd heisset jn der schůl fallacia a dicto secundum quid ad dictum
simpliciter
.15
| 118v | Eben jn dem verstand redet Osiander auch, das die vergebung der sünden seye ein praeparatio ad iustificationem, von denen er disputiert, dann wann vnß die sünd verzigen seyendt vnnd vns Gott für gerecht helltt, so seyen wür erst geschickt, taugenlich vnd praepariert durch den glauben, das vns Gott khan auch mitt der that gerecht machen.
Das es jme aber die Jenischen Theologen vff einen frembden verstand ziehen, ist darbey abzunemen, wie sie ex affectu, vnbedacht, wider die aigenschafft Christlicher Lieb mit jnen vnheil wider Osiandrum geeylet haben.
Wider D. Georgium Maiorem setzen sie einen paragraphum, der ist simpliciter vnrecht vnd ein schedlicher jrthumb, da sie schreiben, wann ein mensch dessen beredt seye, das gute werck nottwendig zur seligkaitt seyen, so bringe solliche lehr eintweders phariseische hochfahrt vnnd sicherheitt oder uerzweifelung. Dann sprechen sie, hatt jemand gute werck vnnd ist dessen beredt, sie seyen zur seligkaitt nöttig, der wurdt one zweifel mitt dem phariseo Luc. 1816 daruf bochen vnd trotzen vnnd sich selber zum Abgott machen, jst aber jemand, der gar khein gut werck hatt, als der arm zölner vnd schecher am creutz, der würdt miessen verzagen vnd verzweifeln, wann er es dafür helltt, das gute werck zur seligkaitt nöttig seyendt.
Dise lehr khan in der kürchen Gottes nicht gelitten werden, dann sie gibtt für einen | 119r | sollichen glauben, derh ohne die werck sein kinde, wie auch deß Illyrici büechlin wider D. Georgium Maiorem17.
Nun ist aber kheins war, das sie setzen, dann es volgt nicht, wann einer gute werck hett, das er darumb daruf trotzen vnd pochen werde, wie sollichs jn den lieben heiligen zusehen, die gute werck gehabtt haben, aber sich dannoch vnder die gewaltig hand Gottes gedemietiget, dieweil sie wüssen, das auch solliche werck vnuolkommen seindt vnd bedürfen der vergebung.
So ist auch das gewiß, das es ncht jn vnser wüllköre stehe, gute werck thon oder nicht, sonnder wellen wür
selig werden, so miessen wür auch gute werck thon, wie S. Paulus zu den Ephesern schreibtt:
Wür seindt
, spricht er,
sein werck, geschaffen jn Christo Jesu zu guten wercken, zu welchen Gott vns zuuor beraitet hatt,
das wür darinnen wandlen sollen.
18 Es were dann, das wür ohne den glauben kinden selig werden oder das ein Rechter glaub one werck sein kinde, welcher kheins sein gestehn werden.
Es ist auch nicht also, wie sie für geben, das der schecher vnd zölner kheine gute werck gehabt haben, dann ist bekantnuß der Sünden, bekanttnuß Christi, straaf deß nächsten khein gut werck, welche sich bey dem schecher finden, wie auch die demuth bey dem zölner, so waiß ich nicht, was gute werck seyendt.
| 119v | Derhalben es glosieren die Jenischen Theologen disen paragraphum, wie sie wöllen, werden sie jne mitt heiliger schrifft nicht vertheidigen kinden.
Weil sie aber ausserhalb dises streits selbst bekennen, Es kinde khein rechter glaub sein, ohne die Gute
werck sein, ist widerumb abzunemmen, das sie sollichs allein ex affectu vnd odio personae Maioris geschriben
haben, vnnd allso gehet es, wie man spricht: nimium altercando veritas
amittitur.
19
N. Ambsdorff20 schreibt, gute werck seind nicht allein nicht nöttig, sonder auch schedlich zur seligkeitt.21 Welchs zwar an jnen selber Rawhe wort sein, Aber man kan sie wol oder ybel außlegen, ybel vnd vnrecht allso, man soll gar kein gůt werck thon, dann siei seyen schedlich zu der seligkaitt. Dise lehr würde ein hüpsch wesen mitt sich bringen. Wol vnd recht aber möcht man sie allso außlegen vnd verstehn, wann man sich vff die gute werck vertröstet vnd verlasset, darmitt die seligkaitt zuuerdienen, seindt die gute werck schedlich, Phil. 322.
Also mögen auch dise wort: Gute werck seind nottwendig zur seligkaitt
, wie auch
die wort S. Pauli Rom 10: ore fit confessio ad salutem
,23 vff zwayerlay weiß verstanden werden. Erstlich, das man die seligkaitt mitt
guten wercken verdienen miesse; diser verstand ist vnrecht, den auch D. Maior verwurft vnd strafet. Darnach
| 120r | mögen sie allso verstandenj werden, soll man
selig werden, so müesse man gute werck thon, seitemal wür einen sollichen glauben haben miessen,
der durch die liebe thetig seye
, Gal. 524, das ist der sich durch die gute werck sehen lasse. Diser verstand ist
Christenlich, vnnd anderst versteht sie auch Maior nicht, so uil ich seiner büecher gelesen habe. Darumb jme
die Jenischen Theologen vngietlich thon.
Vnnd das sey gesagt von den Jenischen Theologen, wie vnformitlich sie gegen iren mittbrüedern handlen vnnd in rebus ipsis ex affectu odii sit, so gar bloß geben vnnd sich zůweitt hinauß thon, die sunst außerhalb disem gezenck weitt anderst schreiben vnnd reden werden.
Was durch die wittenbergische Theologos von dem Interim her, in der lehr vnd Ceremoniis seye geendert worden,
jst in beygelegtemk büechlin, so die Jenische Theologi intituliert
Errores adiaphoristarum
25, verzeichnett.
Es ist aber gleichwol durchauß darinnen zusehen, wie Illyricus oder welcher die Errores Adiaphoristarum colligiert alles zu samen geraffeltt vnd torquiert habe, die personas zu traducieren, vnnd khan nicht wol glauben, das sie alles so böß gehandeltt vnnd gemeinet, wie jnen Illyricus in disem büechlin vffrupffet26.
So aber die Theologen das leibsisch Interim27 gesteltt, sol stehn zimlich grobe puncten | 120v | darinnen, die man nimmer mehr billichen khan, Als nämlich:
Würdt widerumb bestetigt, deß Obersten bischoffs, das ist des Babsts, gewallt.
Es werden restituiert alle zauberische Ceremonia bey dem heiligen Tauff.
Item die fürmung mitt dem bezauberten Öl wiewol involute,
Item gar nahend die gantz Meß vnnd das sie von der Communion vnderschidlich würdt,
Item am freytag, Sonnabendt vnnd in der fasten das flaiß essen verbotten,
Item das sie dem Julio Pflůg35 vnnd dem bischoff von Meissen37 widerumb die kürchen vnderworffen haben,
Item das Abgottisch Gottslesterlich fest corporis christi würdt restituiert,
Dise puncten alle, so man sie wolltt heßlich anziehen, würden sie yber die massen ybel lautten.
Aber dieweil D. Philippus39 jüngst zu Wormbs für sein person bekennet, Er hab zur zeitt deß Interim vmb der armen pfarrer vnnd kürchen wüllen, das sie nicht verlassen würden, ettwas Languidius gehandeltt, vnnd demnach verdammen er jetzunder alle Actiones, so auß dem Interim geflossen, wie sie mögen namen haben, bezeugett auch, das in den Sächsischen kürchen nichts, weder jn der lehr noch in den Ceremoniis, geendert worden, | 121r | Auch sich hören lassen, Er welle darthun vnnd beweisen, das ettliche wider ine das Crimen falsi begangen. Auch die Aulici vil ding hierin geflickett, daruon er nichts wüsse, vnnd von der zeitt an deren puncten kheinen vertheidingt, sonder recht vnnd wol von allen Artickeln gelehret vnd geschriben, solte man bilich nicht so hessig wider ine fahren, der es Alles, warinnen er zur selbigen zeitt auß menschlicher blödigkeitt40 vnnd forcht gesündigt, ohne zweifel seinem Gott mitt threnen gebeichtet, der jne auch darüber absoluiert hatt. Ist dem alten Noe ein thorheitt widerfahren, so soll im sie dannoch Cham nicht vffdecken, den er durch den Sündfluß gebracht hatt, sonder Sem vnnd Japhet sollen sie zudecken.41
Darmitt aber auch e. f. g. desshalben einen gründtlichen bericht hette vff die verzaichnete Errores Adiaphoristarum, hab ich das leibsisch Interim mitt vleiß durchsehen vnnd jn beyligendem Exemplar vfs kurtzest verzeichnett, wo Illyricus die wittenbergische vnd leibsische Theologos vermög deß leibsischen Interim mitt warheitt anziehe oder jnen ex affectu zuuil gethon habe. Darbey auch e. f. g. abnemen mögen, wie ich one einichen parteilichen Affectum von baiden theilen verzeichnett, was billich sollte verbliben sein.
In der Osiandrischen spaltung seind vil | 121v | hefftiger vnd hessige schrifften außgegangen, vnnd berhůwet doch der gantz zanck nur vff disen dreyen puncten. Erstlich, was heisse jm Euangelio die gerechtigkaitt des glaubens, zum Andern, was heisse das wort Rechtfertigen, zum dritten, wie die sprüch S. Pauli zuuerstehn seyendt, wann er zun Gal.42 vnnd Rom.43 von der Rechtfertigung deß sünders redet.
Gerechtigkaitt jn disem streitt heisset dem Osiander die Gottlich wesentlich gerechtigkaitt, die Gott selbst ist.
Rechtfertigen aber heisset, jme mitt der that, das ist reipsa, gerecht machen.
Seinen gegentheil aber heisset das wort Gerechtigkaitt nichts anderst dann vergebung der sünden.
Vnnd Rechtfertigen heisset inen, für gerecht halltten, für gerecht sprechen, Absoluieren, die sünd zu decken, die sünd nicht zurechnen.
Das nun Osiander nennet die wesentlich gerechtigkaitt Gottes, das nennet sein gegentheil den heiligen Geist, der vns vmb Christi wüllen gegeben ist.
Vnnd das sein gegentheil nennet die Rechtfertigung, das nennet er die erlösung oder die vergebung der sünden.
Darbey e. f. g. abermals haben abzunemen, das der streitt nicht sey de reipsa. Dann man zanckt nicht darumb, Ob Gott oder sein wesen sey die vergebung der sünden Oder ob man vergebung der sünden habe vmb der wesentlichen gerechtigkaitt | 122r | wüllen, sonder es ist allein vmb den namen zuthon, Ob der gehorsam Christi vnnd in waß verstand er ein gerechtigkaitt seye vnd genennet werde, dieweil das wort Gerechtigkaitt nicht vff einerlay weise, Aber gleichwol an jme selbst nicht vnrecht oder vnchristenlich außgelegt vnnd verstanden worden, wie oben verzeichnett.
Auß sollichen werden e. f. g. dest gründtlicher vermercken kinden baids, die Errores in reipsa vnnd die Errores, so der person Osiandri jn seines gegentheils büechern zugelegt worden, wüll der selben ettlich vnnd die fünnembsten erzelen.
Errores de reipsa Das jn dem Reich Christi nichts weniger soll gelehret werden noch gepredigt, dann sein Göttlich wesentlich gerechtigkaitt.
Darumb nur weitt mitt der wesentlichen gerechtigkaitt auß dem Reich Christi, Gott gebe, sie seye in dreyen personen oder in der einen person Christi, ist gleich so uil. Wenn wür aber dorthin khommen, da Gott alles in allem sein würdt47, da wellen wür dann von der Einwonenden gerechtikaitt Christi predigen.
Das allso vnder den Christen vnnd andern sündern khein vnderschaid ist, one das der Christen sünd vnd wünden ein pflaster haben vnnd zugedeckt seindt, Aber der Gottlosen sünd stehn offen vnd haben khein pflaster.
Item vff der Cantzel durch D. Mörlin49 gefragt worden, Ob man vnß die gerechtigkaitt | 122v | Gottes in einem holtz hietlin50 bringe? Ob man sie vns mitt einem trechter eingiesse? Ob man sie vnns hinten oder fornen eingiessen müsse? vnnd ferner gesagt, der Teufel hol die gerechtigkaitt, ich nicht.51
Das Christus nach seiner Gottheitt nicht kinde vnser gerechtigkaitt vnnd weißheitt sein.
Osianders leer von der wesentlichen gerechtigkaitt Gottes vergleichet er einen teuffels dreck.
Das Gott auch nicht kind vnser gerechtigkaitt sein, in dem er vns treibtt, recht zuthon.
Er nennet die leer von der wesentlichen gerechtigkaitt ein unuerschampt teufels gedicht.
Das der gehorsam Christi nicht khommen auß der wesentlichen gerechtigkaitt noch vilweniger das er ein frucht seye derselbigen.
Abraham vnnd alle, die vor Christim menschwerdung gewesen seindt, seyen nicht mitt der that gebein von seinen gebeinen.
Die leer von der wesentlichen gerechtigkaitt seye den gewissen schedlich vnnd mach eintweder vermessne phariseische gleißnerey oder verzweifelltt leütt.
Die wesentlich gerechtigkaitt Gottes gehöre nicht in dises, sonder in jenes leben.
In die wesentliche gerechtigkaitt Gottes nennet Illyricus ein wunderthier.
Es leide niemands deßhalben einiche anfechtung, das er nicht die selbstendige gerechtigkaitt habe.
| 123r | Christus mitt seiner Gottlichen gerechtigkaitt kinde nichts anders sein, dann ein strenger richter.
Vnser Arme natur kinde die wesentliche gerechtigkaitt nicht leiden, dann sie sey ein verzerend fewr, vor dem man nicht bleiben kinde.
Das nicht Gottes wesen gantz in einem Christen menschen seye.
Wann die Gottlich natur vnser gerechtigkaitt were, so msten wür die Gottlich natur selbst werden. Item wür würden natürlich Götter.
Man soll sich nicht hoch bekömmern vmb die wesentlich gerechtigkaitt Gottes.
Illyricus straafet auch als vnrecht geredt, so man sagt, das vnser thon (von guten wercken redt er) gottes thon oder werck seyen.
Dise Errores, alle auß jren eigen büechern verzeichnett, lassen sich mitt heiliger schrifft nicht vertheidingen.
Errores quos falso adscripserunt personae Osiandri.
So man aber sollte die Errores verzaichnen, die sie der person Osiandri zugelegt, darmitt sien zubeschweren, da das widerspil vil mahl in Osianders büechern gefunden, würde der selben ein gute anzal sein.
Wüll hiemitt alle Convicia vmgehn, dann in dem fahl kheiner dem andern vil beuor geben hatt.
Alle Adversarii Osiandri jrren in Statu Controversiae, dann sie setzen ein andern | 123v | Statum, dann der Osiander gesetzt hatt.
Dann dahin gehn alle jre argumenta, so in D. Philippi, Mörlini, Illyrici, Nicolai Galli72, N. Ambsdorfii73, Stoltzii74, Aurifabri75, Othonis Hertzberger76, Theologorum Luneburgensium77 et Hamburgensium78, Rungii79, Alesii80, Sebaldi Heiden81, Menii82, Theologorum Jenensium83 büecherno oder Confutationib'us' wider Osiandrum verzeichnet. Das wür nicht gerechtfertigt werden, das ist Gott gefellig vnd angenem84, auß feinden Gottes freund werden, vergebung der sünden haben von wegen der wesentlichen gerechtigkaitt, sonder von wegen deß gehorsams Christi durch den glauben.
Das fieren sie weittleuffig auß vnd beweisen es mitt h. schrifft, vnnd ist auch die göttlich warheitt.
Das aber Osiander disen statum angefochten oder widersprochen habe, werden sie mitt einem bůchstaben nicht beweisen. Dann Osiander leretp in allen seinen büechlin, das wür durch nichts anders auß feinden Gottes freund werden, jme angenem seyen vnd wolgefallen vnd vergebung der sünden halben, dann allein vmb deß gehorsams Christi willenq, vnnd darzu erst, wann man es mit glauben annembt, sunst pleiben wür feind Gottes, Ob wür wol erlöset sein, das ist, das werck vnserer erlösung zur buß vnd bezalung fur die sünd geschehen seye.
Deß Osiandri aber ist weitt ein anderer status gewesen, Nämlich diser: Nach dem der mensch schon Gott gefellig vnd angenem ist85 durch den | 124r | glauben, allein vmb Christi gehorsam wüllen, vnnd habe vergebung der sünden, volkomne erfüllung deß gesetzes, die huld vnd gnad Gottes vnnd doch noch die sünd in flaisch klebe vnnd vns anhange, was das seye, so vns mitt der thatt auch in disem leben anfahe gerecht zumachen? Vnnd sagt, es sey die wesentlich Gerechtigkaitt Gottes in Christo, das ist Gott selbst, der durch den glauben in vns wone. Vnnd diß ist auch war vnnd strebet nicht wider den vorgesetzten Statum, stosset in auch nicht vmb. Sunt enim diversi, sed non contrarii aut contradictorii status, die wol neben einander bestehn mögen.
Es mag auch die negativa bestehn, das in disem verstand der gehorsam oder die werck Christi außerhalb vns geschehen nicht vnser gerechtigkaitt seyen, dann die selbigen gehören jn den ersten Statum, da sie vns einen gnedigen Gott machen, vnd nicht in den andern, da man die leütt, so allberait in gottes huld vnd gnad widerumb khommen seind, anfahet auch mütt der that gerecht machen.
Hieruff khan man leichtlich die nachuolgende jrthumb de persona Osiandri richten vnnd urtheilen, man nenne sie gleich Calumnias oder wie man welle, mit wellichen Osiander bey meniglichen ist verhasset gemacht worden, vnnd wie sich dieselbigen also befunden, jme auch nicht vnbillich geschehen were. Dann er würdt beschuldiget der nachgesetzten Errorum, Nämlich | 124v | Er lehre, der mensch werde gerecht, das ist gott gefellig vnd angenem, vnd hab vergebung der sünden nicht von wegen deß gehorsams Christi durch den glauben, sonder von wegen der wesentlichen gerechtigkaitt Gottes, die durch den glauben in vns wonet.
Das Osiander den betriebten gewissen den trost raube, so sie jm gehorsam Jesu Christi haben, vnnd weise sie vff die wesentliche gerechtigkaitt Gottes.
Das er lesterlich lere von dem leiden vnd sterben vnsers herren Jesu Christi.
Das er den bäbstischen grewel
widerumb in die kürchen Gottes füere.
Das er verweise imputativam iusticiam vnnd an jr statt setze essentialem Dei iusticiam.
Er beraub Christum der erfüllung deß gesetzes vnnd seiner gerechtigkaitt.
Er lere, wür werden allso gerecht gemacht, das khein sünd mehr in vns bleibe.
Das Osiander die leütt zur verzweiflung treibe vnnd beraub sie deß trosts, den sie auß dem verdienst Christi haben.
Er lehre, die menschaitt Christi seye nicht an jr selber heilig oder gerecht.
Das er die gerechtigkaitt der menschaitt Christi verwerffe vnnd verleugne.
Er laß Christum nach dem bůchstaben waren Gott vnnd menschen vnnd heiland der wellt bleiben, Aber jm grund verlaugne ers baids, füere die gewissen dahin, das sie weder Christum noch Ewigs leben behalten.
Quod iudicio Dei opponat non oboedientiam christi perfectam, sed essentialem iusticiam Dei.
| 125r | Er verdamme vnd verwerfe die Augspurgische Confession vnd Apologia vffs eusserest.
Er lere, das man sich deß Creutz Christi nichts Rüemen solle.
Er lehre Nos formaliter iustificari iusticia Dei essentiali.
Das er die zwo natur jn Christo trenne vnnd die person Christi zerreiß.
Das er dem Euangelio neme die krafft, selig zumachen.
Das er vnsere werck mitt der Rechtfertigung vermische oder vermenge vnd also widerumb vffs Babstumb lende vnnd das er eben von der gerechtigkaitt lehre wie das Interim.
Das vns Gott gerecht spreche vmb der werck wüllen, die wür thon.
Osiander neme den Artickel der Rechtfertigung gar hin.
Die menschaitt Christi schliesse er auß der Rechtfertigung deß menschens.
Er hebe die Rechtfertigung vnd bibel auff.
Er fiere die leütt in die selbstendig blosse Gottheitt.
Osiander Raum hinweck das hauptgůt, bibel, predigt, Sacrament, Tauff, Glauben, kürchen vnnd alles, was zu der kürchen gehöret etc.
Das man vergebung der sünden hab vor der predig vnnd glauben.
Osiander handel wider die vergebung der sünden mitt seiner leer von der Rechtfertigung.
Osiander füere die leütt von Christo vff das Gottlich wesen.
Er lehre die leütt, one mittel mitt Gott handlen.
| 125v | Item die erlösung schreibe er allein der menschaitt Christi zu.
Osiander leere von der widergeburt, als weren wür schonr eittel Götter worden.
Er lehre auch, wür werden gantz gerecht in disem leben.
Er lere, das man Christo jn disem leben gar khein tugent soll zumessen.
Er vermenge die zwo gerechtigkeitt, ja er hebe die erst auff.
Er vermische den newen gehorsam mitt der gnedigen annemung.
Er lere, das Christi gerechtigkaitt nicht besser seye dann der phariseer gerechtigkaitt.
Item, wie er mach zwayerlay wesentlicher gerechtigkaitt Gottes, allso mache er auch zween Götter.
Dies seind die schweren bezüg, mitt welchen sie jn jren büechern Osiandri person beschwert haben vnnd mitt irem praeiudicio auch andere bewegt, das sie vff solliche manifestas calumnias gegangen vnnd ante legitimam cognitionems causae die person vmb sollicher grewlicher jrthumb wüllen, deren er beschuldigt worden, auch verdampt, deren keiner, helff mir Gott, jch jn seinen büechern gefunden, wie es ein vnparteischer leser erfahren soll, wann er sine praeiudicio Osiandri meinung erlernet hatt.
Was Aber hinwiderumb An deß Osianders person vnnd leer jn disem streitt zustraffen seye, weil man jne nicht in allen dingen vertheidingen khan noch soll, jst in baiden e. f. g. Theologen Conciliationibus vnd jn der declaration angezeigt.
| 126r | Vff dißmal hab ich allein seines gegentheils personales vnd reales errores verzeichnett,
darauß zusehen, wie grosse vnd bewegende vrsachen die jenig gehebtt, so amnistiam zu baider seitten gerhaten
haben vnnd noch rhaten, dieweil zu baiden theilen, jn hitzigem eifer, das ichs vff das glimpfligest nenne, so
uil vngeschickts dings geredt vnnd geschriben worden, zuuor vnd eh man die sach gründtlich verstanden, die an
jr zimlich dunckel vnnd schwer zuuerstehn gewesen, das sich gantz ybel verantworten last, vnnd ist eben
ergangen wie der Satyricus schreibtt: Iliacos intra muros peccatur et extra
147.
So aber je vnrüwige leütt nicht wolten frid halten, hielte ich als der vnuerstendigst dafür, das sie dannoch schuldig weren, vff dise grobe puncten zuantworten vnnd zubeweisen, sollen sie ander leüt bereden, das sie mitt inen die person verdammen, wellichs bis anher ohne verletzung jrer gewissen ettliche fridliebende personen nicht haben thon kinden.
Es haben aber e. f. g. auß diser kurtzen verzeichnuß zuuernemen, das es nun ein pfaffen zanck seye. Dann extra hanc controversiam leret man allenthalben vnder den vnsern einhelliglich von vergebung der sünden allein durch den glauben vmb deß gehorsams Christi wüllen vnnd von der widergeburt, die jn vns durch den geist Christi geschicht, welcher eben durch den glauben jn vnsern hertzen wonet, mitt welchen wür die vergebung der | 126v | sünden jm gehorsam Christi allein begreiffen.
Vnnd ist allein der streitt von dem wort oder namen gerechtigkaitt oder rechtfertigen, Ob der selbig allein der vergebung der sünden oder der newen geburt, oder baider zumal doch nicht in gleichem verstand gegeben werde.
Wellichs in e. f. g. Theologen Declaration klärlich entschaiden, da auch der Recht verstand der sprüch S. Pauli zun Rom. vnd Galatern angezeigt, welche declarationem baids, Philippus vnnd Illyricus, approbiert, vnd Philippus daruf auch die amnistiam gerhaten hatt.
Das Aber die personen ein ander so hefftig anziehen, ist augenscheinlich zusehen, das es ex affectu beschehen vnnd ein yeder theil allein vff seinen Statum gesehen hatt.
Darumb hierzu neben Gottes gnad nichts bessers zu winschen were, dann ein Christenlicher Constantinus148, der dise zanckbüecher alle jn ein büschel bende vnd jn das fewr wurfe vnd den lehrern der kürchen die Christlichen vnd briederlich lieb für hielte, die sie neben der Rainen lehr billich gegen ein ander halten solten. Dann wo es an der selbigen fehlet, khan nichts so bedacht geredt oder geschriben werden, das nicht jemands verkeren kindt, der lust vnd lieb zu zancken hette. Thu mich hiemitt E. f. g. jn aller vnderthenigkaitt beuelhen. Actum Geppingen, den 24ten Januarii Anno etc. 58.
E. F. G. vndertheniger gehorsamer
Jacobus Andreae.
(Zeitgenössische Notiz:) | 128v | D. Jacobus Andreae. Ettlicher mißuerständ halben zwischen den Weinmarischen Theologis vnd D. Andrea Osiandro, Georg. Maiori vnd ettlichen Adiaphoristen. 1558. 24. Januarii 1558.
scriptadeutet darauf hin. Salig, Historie II, S. 950 datiert diese Confessio auf den 9. Juni 1551. Die Handschrift, auf die sich die Stellenangaben Andreaes beziehen, ist nicht nachgewiesen. Der Text der Confessio, die Herzog Albrecht nicht gedruckt sehen wollte (vgl. Mörlin/Venediger/Hegemon, Von der Rechtfertigung des glaubens, 1552 (VD16 V 561), Bl. A4r; auch Mörlin, Historia, Welcher gestalt, 1554 [VD16 M 5879], Bl. L1r–N1r), wurde aber von Mörlin am 7. Dezember 1551 zum Druck befördert. Das Werk erschien im Januar 1552 unter dem Titel Von der Rechtfertigung des glaubens (VD16 V 561). Den Hinweis darauf verdanke ich Timothy Wengert, Philadelphia.
Forstist vermutlich Petrus Sylvanus gemeint. Die Stelle lässt sich nicht nachweisen.